"Beurteilungen sind der einflussreichste Hebel, mit dem Trainer/innen die Bearbeitungsweise von Kursen und das Lernverhalten der Teilnehmer/innen beeinflussen können."

von Graham Gibbs, "Using Assessment Strategically to Change the Way Students Learn" in "Asessment Matter in Higher Education, herausgegeben von Sally Brown und Angela Glasner, OU Press, 1999

Überblick

Dieses neue Modul ermöglicht es Trainer/innen, eine kontrollierte Aufgabenstellung einzurichten, die die Teilnehmer/innen ermuntert, kritisch mit ihren eigenen Arbeitsergebnissen und denen der anderen Teilnehmer/innen umzugehen. In der Standardanwendung dieses Moduls beginnt man mit der Vorbereitungsphase und der Festlegung von Beurteilungskriterien. Diese ergeben sich aus der Beurteilungsstrategie des/der Trainers/in. Vier verschiedene Strategien können angewandt werden:
  1. Keine Bewertung: Bei dieser Form der Aufgabenstellung erfolgt keine quantitative Benotung durch die Teilnehmer/innen. Sie kommentieren die vorgelegten Antworten der anderen Teilnehmer/innen, vergeben jedoch keine Noten. Die/der Trainer/in kann - sofern sie/er dies will - die Kommentare der Teilnehmer/innen bewerten. Solche "bewerteten Kommentare" können eine Grundlage für die Benotung der Teilnehmerleistungen sein. Wenn der/die Trainer/in die bearbeiteten Aufgaben nicht benotet, kann auch keine Gesamtnote erstellt werden.
  2. Zusammengefasste Bewertung: Dies ist die Grundeinstellung des Moduls. Bei dieser Aufgabenstellung setzt sich jede einzelne Bewertung aus einer Reihe von "Beurteilungselementen" zusammen. Jedes Element sollte einen Teilaspekt der Gesamtaufgabenstellung abdecken. Die meisten Aufgabenstellungen werden zwischen 5 und 15 Einzelelmente bewerten und kommentieren. Die genaue Zahl wird immer abhängig sein vom Umfang und der Komplexität der Aufgabenstellung. Eine Peer-Aufgabe mit nur einem Element ist möglich und verfolgt dann eine ähnliche Beurteilungsstrategie wie das Standard-Moodle-Modul 'Assignment'.
  3. Zusammenfassende Fehlerbewertung: Bei dieser Bewertungsstrategie werden die Arbeiten auf der Grundlage einer Reihe von Ja/Nein-Kriterien bewertet. Die Gesamtbeurteilung ergibt sich aus einer "Notentabelle ", die die Relation zwischen "Fehlern" und richtigen Antworten verdeutlicht. Bei einer Aufgabenstellung bei der sechs Kriterien erfüllt sein müssen, um eine optimale Note zu erzielen, zeigt die Notentabelle, welche Note erzielt wird wenn alle Kriterien erfüllt sind, wenn ein Kriterium fehlt, wenn zwei Kriterien fehlen usw.
  4. Kriterienbewertung: Dies ist die einfachste Form, eine Beurteilung vorzunehmen, aber nicht unbedingt einfach einzurichten. Die eingereichten Arbeiten werden anhand einer Reihe von Bewertungskategorien bewertet. Der Bewerter prüft, welche dieser Aussagen am beste auf die Arbeit zutrifft. (z.B. 'entwickelt eigene Ideen' 'hat das Vorgehensprinzip verstanden'. Die Note ergibt sich aus einer "Kriterientabelle" für jede Note.
Zunächst nimmt der/die Trainer/in eine kleine Anzahl von Arbeiten. (vielleicht 5 oder 10). Diese könenn von früheren Gruppen genommen werden und sollten gute und schwache Arbeiten umfassen.

Dann beurteilt er/sie diese Arbeiten unter Verwendung des "Notenformulars", das sie/er für diese Arbeit erstellt hat. Seine/ihre Bewertung ist eine Orientierungshilfe für die Teilnehmer/innen wenn sie mit ihrer Arbeit beginnen.

Mit diesen drei Vorbereitungsschritten (Beurteilungselemente und evtl. einer Notentabelle), den Beispiellösungen und den Musteraufgaben) kann die Beurteilung für die Teilnehmer/innen gestartet werden. Die Teilnehmer/innen sollten nun zuerst die Musteraufgaben einschätzen. Wenn der/die Trainer/in diese durchgesehen hat und mit den Resultaten zufrieden ist, kann er/sie dennächsten Schritt frei geben. Er/sie kann nun die Teilnehmer/innen bitten, diese Musterlösungen einzuschätzen. Dies sollte leicht fallen, wenn die Teilnehmer/innen die Anforderungen der Aufgabenstellung begriffen haben. Dieser Schritt dient insbesondere dazu, dass schwächere Teilnehmer/innen die Aufgabenstellungen und Herausforderungen besser verstehen und nachvollziehen können.

Am Ende dieser Phase sollten alle Teilnehmer/innen verstanden haben, worum es bei der Aufgabenstellung geht und wie sie gelöst werden kann. Dazu bedarf es keines einheitlichen Zeitpunkts. Jeder kann diesen Punkt unabhängig vom Lernfortschritt anderer erreichen. Die/der Trainer/in kann sich nun zurücklehnen und die weiteren Aufgabenstellungen bis zum definierten Endzeitpunkt ablaufen lassen.

Das Modul, kann für eine einzelne Teilaufgabenstellung oder ein ganzes Bündel von Prüfungsaufgaben eingesetzt werden. Wenn die Teilnehmer/innen ihre Arbeit eingereicht haben, werden sie aufgefordert, die Arbeiten anderer Teilnehmer/innen einzuschätzen. Ihre eigene Arbeit steht auch anderen Teilnehmer/innen zur Verfügung. Erst wenn sie selber eine Einschätzung zu der Arbeit eines anderen Teilnehmers abgegeben haben, werden sie für die anderen Teilnehmer/innen sichtbar. Wenn die gewählte Beurteilungsstrategie eine Beurteilung durch die Teilnehmer/innen zulässt, können die Autor/innen der jeweiligen Arbeit vor dem Hintergrund der Beurteilung ihrer Arbeit, eine Überarbeitung anfertigen und erneut zu einer Bewertung bereitstellen. Diese Form der gegenseitigen Einschätzungen kann bis zu einem definierten Endabgabezeitpunkt fortgesetzt werden.

Die/der Trainer/in hat nun verschiedene Möglichkeiten. Das Modul ermöglicht verschiedene Berechnungsformen der Endnote für die Teilnehmer/innen. Der Lehrer kann eine Kombination folgender Kriterien verwenden:
  1. Die Bewertung der/des Trainers/in für die am Ende abgegebene Arbeit
  2. Die durchschnittliche Bewertung der anderen Teilnehmer/innen für diese Arbeit
  3. Die Leistung des/der Teilnehmers/in beim Bewerten anderer Arbeiten
Es ist klar, dass der/die Trainer/in nach dem Abgabeschluss die Arbeiten der Teilnehmer/innen bewerten muss. Es ist nicht unbedingt erforderlich, die Leistungen bei der gegenseitigen Bewertung der Teilnehmer/innen bei der Notenbildung zu berücksichtigen. Durch einen internen Vergleich kann dieses Kriterium jedoch in der Berechnung der Endnote berücksichtigt werden (Grad der realistischen Einschätzung der Arbeit). Die gegenseitige Bewertung sollte jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn die Zahl der bewertenden Teilnehmer/innen ausreichend hoch ist und eine angemessene Einschätzung erfolgt. Zu kleine Bewertungszahlen könne zu Ergebnisverfälschungen führen. Die letzte Phase in der Arbeit in diesem Modul besteht in der Bekanntgabe der Abschlussnoten an die Teilnehmner/innen.

Dieses Modul verwendet in der Regel folgende Ablaufschritte:
  1. Einrichtung der Grundeinstellungen
  2. Bearbeitung von Musteraufgaben durch die Teilnehmer/innen, Einsendung der eigenen Arbeiten und die gegenseitige Bewertung
  3. Ermittlung der Abschlussnote
  4. Bekanntgabe der Noten
Bei der Bearbeitung muss lediglich ein Endzeitpunkt zwischen Phase 2 und 3 festgelegt werden. Die Teilnehmer/innen können sich ihre Zeit frei einteilen..

Varianten

Die vorhergehende Darstellung stellt lediglich den Standardeinsatz des Moduls dar. Mit Hilfe des Moduls sind auch ganz andere Einsatzmöglichkeiten realisierbar. Eine Fallstudienarbeit kann z.B. durchgeführt werden indem der/die Trainer/in eine Reihe von Szenarien bereitstellt, die von den Teilnehmer/innen eingeschätzt werden sollen. Die Teilnehmer/innen reichen dann keine eigenen Arbeiten ein. Der/die Trainer/in beurteilt 'lediglich' die Kommentierungen der Teilnehmer/innen zu den verschiedenen Szenarien und verwendet sie zur Ermittlung der Abschlussnote.

Eine andere Einsatzmöglichkeit besteht in der Verkürzung. Dabei werden keine Beispielaufgaben bereitgestellt. Die Teilnehmer/innen geben ihre Arbeiten ab und diese werden von anderen Teilnehmer/innen kommentiert.

Es kann bei manchen Prüfungen vorkommen, dass die Gefahr besteht, dass Teilnehmer/innen einfach Musterlösungen für ihre eigene Arbeit kopieren. Dann sollten die Musteraufgaben so gestaltet sein, dass sie das Lösungsprinzip verdeutlichen, nicht aber direkt für die Lösung der Prüfungsaufgaben verwandt werden können. Es ist sicher nötig, den Arbeitsprozess sorgfältig zu beobachten, da es vorkommen kann, dass den Übungsaufgaben eine größere Aufmerksamkeit gewidmet wird und die Prüfungsaufgaben nicht mehr so genau gelesen werden.

Das Modul kann ebenfalls genutzt werden, damit die Teilnehmer/innen ihre eigene Arbeit einschätzen. An die Stelle der Bewertung durch andere Teilnehmer/innen tritt dann die Selbstbewertung. Der/die Trainer/in kann in der zweiten Phase von Phase 2 eine Bewertung der (Selbst-)Bewertung vornehmen und diese auch bei der abschließenden Bewertung berücksichtigen.

Schlussbemerkung

Dieses Modul ist sehr flexibel durch seine einfachen Einstell- und Ablaufmöglichkeiten. Während der Bewertungsphase können die Teilnehmer/innen nicht in den weiteren Bewertungsprozess eingreifen. Wenn die Erfahrung der Teilnehmer/innen genutzt/herausgefordert werden soll, kann gezielt die Selbstbewertungsoption der Teilnehmner/innen genutzt werden. Eine technische Beschränkung besteht darin, dass die Arbeiten als eine eizelne Datei eingereicht werden müssen. Die Datei unterliegt einstellbaren Größenbeschränkungen. Nicht unterstützt werden Verlinkungen mit anderen externen Dateien.
 
Original von Ray Kingdon
April 2003

Die deutsche Übersetzung erlaubt sich einige Freiheiten in der Anpassung. [Ralf Hilgenstock]